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Nachhaltigkeit wird für Unternehmen immer wichtige- starte mit diesen Ratgeber jetzt durch!

Aktuelle Presse- und Medienberichte

1.) Interview aus der Allgäuer Zeitung vom 09.08.21

Von Heiko Wolf

Herr Hausmann, warum schreiben Sie ein Buch über „nachhaltigen Erfolg“?

Hausmann: Weil es ein brandaktuelles Thema ist und ich mich seit vielen Jahren intensiv damit beschäftigt habe. Ich habe es nicht nur für Unternehmer, Selbstständige, Leader oder Gründer, sondern auch für meine Töchter (7 und 4) und die Gesellschaft geschrieben – weil ich hoffe, dass sie für zukünftige Generationen einen wesentlichen Beitrag leisten, damit diese noch eine lebenswerte Zukunft haben. Schauen Sie z. B. die Urvölker an. Diese haben oft sieben Generationen vorausgedacht. Wir tun uns schon schwer, zwei Wochen vorauszuschauen. Dabei müssen wir dringend umsteuern!

Warum ist es „fünf vor Zwölf“?

Hausmann: Dürren und Heuschreckenplagen in Afrika, Krankheiten, Hochwasser, Waldbrände, Hitze – all das nimmt in der Heftigkeit durch den Klimawandel zu und damit dürfte zukünftig z. B. auch die Zahl der Klimaflüchtlinge oder der Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Durch den Anstieg der Weltbevölkerung in einigen Jahren auf 10 Milliarden Menschen wird der CO2-Ausstoß noch weiter zunehmen. Dies verdeutlicht schon jetzt der 29. Juli. Hier war dieses Jahre Earth Overshoot Day, das heißt, vom 1. Januar bis heute hat die Menschheit so viel von der Erde verbraucht, wie sie in einem Jahr regenerieren kann. Wir leben also von da an auf Kosten zukünftiger Generationen!

In Ihrem Buch nennen Sie eine Jahreszahl (2050), ab der die Erde, wie wir sie kennen, unbewohnbar sein werde.

Hausmann: Nageln Sie mich da bitte nicht fest, ich will keinen Alarmismus betreiben. Aber fakt ist: Wenn wir so weitermachen, ist die Erde in einigen Jahren laut Weltklimarat und vielen anderen Institutionen in vielen Teilen schwer bzw. unbewohnbar. Und da hilft es in meinen Augen nicht nur, an den Symptomen herum zu doktern, z. B. indem wir Deiche verstärken. Meinen Kindern erkläre ich dies so: „Ich baue eine Mauer um einen See, dass er nicht überläuft. Die Mauer müsste man aber immer höher bauen! Wie weit denn noch!?“

Was soll man stattdessen tun?

Hausmann: Zunächst bedeutet Nachhaltigkeit, für mich die Balance zwischen Erde, Mensch und Wirtschaft zu Gunsten zukünftiger Generationen wieder mehr ins Gleichgewicht zu bringen. Ich würde als Unternehmer, Selbstständiger, Gründer oder Leader z. B. ein nachhaltiges Leitbild aufbauen, die Mitarbeiterpotentiale durch Weiterbildungsmaßnahmen nachhaltig fördern, um zukunftsfähig zu bleiben, gerade um den Fachkräftemangel entgegenzuwirken oder um neue Technologien zu entwickeln. Darüber hinaus würde ich verstärkt (regionale) Kreisläufe gemäß dem Cradle-to-Cradle- Prinzip aufbauen oder auf eine höhere Ressourceneffizienz achten. Als Privatperson würde ich bewusster konsumieren, indem ich mich z. B. am ökologischen Fußabdruck orientiere und wirklich nachhaltige Unternehmen und Selbstständige unterstützen.

Diese Warnungen sind nicht neu. Warum wird zu wenig darauf reagiert?

Hausmann: Weil wir oft kein Wissens-, sondern ein Umsetzungsproblem haben. Alte Gewohnheiten aufgeben, den Schritt aus der Komfortzone machen, ist für viele Menschen bzw. Organisationen zunächst schwer vorstellbar bzw. den einzelnen kleinen Schritten dahinter. Denn viele Menschen leben gerne im Energiesparmodus. Das war schon in der Steinzeit so: Viele Menschen sind vor der Höhle am Feuer gesessen und nur aufgesprungen und handelten, wenn plötzlich ein Säbelzahntiger kam- was auch Corona zeigt.

Das heißt auf die Jetztzeit übertragen?

Hausmann: Dass Menschen und Organisationen häufig erst ins nachhaltige handeln kommen, wenn der Schmerz, Druck, die Krise, Konflikte, Krankheiten oder der Mangel dauerhaft sind. Es hilft nichts zu vergleichen und zu sagen: „Der Nachbar ändert auch nichts, fährt fünfmal im Jahr in Urlaub und isst jeden Tag ein Steak“. Oder: „Bei uns scheint die Sonne – und es gab hier keine Hochwasserkatastrophe wie in NRW“… Es bringt auch nichts abzuwarten nach dem Motto „Die Politik wird es schon richten“.  Wir müssen aber jetzt mit Freude und Leichtigkeit handeln oder  wie ich es nenne in den Flow in den Flow kommen.

Dabei sprechen Sie auch Unternehmer und deren Versäumnisse an, oder?

Hausmann: Ja, denn ich stoße noch immer wieder auf mittelständische Betriebe, die nicht über ihr Jahresziel hinausdenken, die keine langfristige Vision haben oder auch wenig Ideen, wie sie etwa dem Fachkräftemangel oder Ressourcenknappheit entgegenwirken könnten. Das ist zum Teil das Problem vom Wirtschaften nach der Alten Schule.

Worüber sollte sich ein Unternehmen Ihrer Meinung nach definieren?

Hausmann: An erster Stelle sollte die Erde und der Mensch kommen – und eine nachhaltige Idee, welchen Zweck oder Sinn ich mit meinem täglichen Tun stifte. Wer zum Beispiel in der Lebensmittelbranche tätig ist, sollte sich tagtäglich fragen, „Wie schaffe ich es, etwas nachhaltig gegen den Welthunger zu tun?“ Außerdem geht es darum, Ressourcen bewusst einzusetzen und Menschen ordentlich zu behandeln. Das Bruttoinlandsprodukt greift da viel zu kurz!

Inwiefern?

Hausmann: Bei diesem höher, schneller, weiter werden die externen Folgekosten von Wachstum nicht mitbedacht. Das BIP gibt z. B. keine Auskunft darüber, wie sehr die Luft oder Flüsse verschmutzt oder Menschen dadurch krank werden.

Es kommt aber auch auf die Branche an, in der ein Unternehmen tätig ist…

Hausmann: Jein. Jeder kann in meinen Augen Wege finden, nachhaltiges Potential zu entfalten und so zu handeln, dass künftige Generationen ein würdiges Leben führen können. Und das nicht nur, indem er auf Plastiktüten verzichtet oder Bio-Burger isst. Es geht nicht darum, das bisherige Modell komplett überstürzt über den Haufen zu werfen, sondern es schrittweise nachhaltig weiterzuentwickeln. Übrigens: Je schneller ein Business nachhaltiger wird, umso mehr Wettbewerbsvorteile hat es, spätestens dann, wenn die schärferen Gesetze kommen und die Zeit knapp wird.

Wie schafft man es denn als Einzelner, aus der Komfortzone zu kommen?

Hausmann: Neurowissenschaftlich betrachtet ist jeder Mensch dopamin- und endorphin-süchtig. Diese Stoffe werden aber nur ausgeschüttet, wenn wir etwas meistern, das wir uns vorher nicht zugetraut haben, also aus der Komfortzone treten. Aber sie machen glücklich. Schon dafür lohnt es sich doch, die Couch zu verlassen und einen Schritt zu machen, oder? Wer etwas Neues schaffen will, braucht aber eine positive Grundeinstellung und darf keine Angst haben, Fehler zu machen! Also Mut neues auszuprobieren.

Wie reagieren die Leute aus Ihrem Umfeld eigentlich auf Ihr Buch?

Hausmann: Dies ist sehr zwiegespalten. Manche ignorieren meine Perspektive und sehen mich als Ökospinner oder Kommunist. Gerade von denjenigen, die fürchten, dass Nachhaltigkeit zu höheren Steuern, Spritpreisen oder Wohlstandsverlusten führen könnte. Ich stelle dann oft die Gegenfrage: Was kostet es uns denn, wenn wir nichts tun?  Andere sehen es als Chance, sind begeistert und sagen ich habe den Nerv der Zeit getroffen. Lasst uns gemeinsam im Allgäu und darüber hinaus mehr bewegen bzw. unternehmen.